Chronik des Fliegerhorst Hopsten

( Mit freundlicher Genehmigung des „AirDoc – Verlages„ 91054 Erlangen )

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52° 20' 40" Nord - 7° 32' 30" Ost, das steht für "Reserved Air Space Hopsten", unter denen jeder Flugscheininhaber die Basis Hopsten sofort finden wird. „Reserved“ deshalb, weil das Überfliegen dieses Teiles Westfalens nur unter Vorbehalt möglich ist, denn unter diesen Koordinaten, befindet sich zwischen Osnabrück und Rheine ein Militärflugplatz der NATO - der "Fliegerhorst Hopsten"!

Entstehung und erstmalige militärische Nutzung des heutigen Fliegerhorstes als 'Feldflugplatz' durch die Luftwaffe des sogenannten „Dritten Reiches“

In der Historie der Militärfliegerei ist der Fliegerhorst Hopsten seit mehr als einem halben Jahrhundert ein fester Begriff. Das Areal wurde bereits lange vor dem 2. Weltkrieg als Feldflugplatz für im Münsterland stationierte Kampf- und Jagdverbände genutzt. Schon 1938 wurde auf Weisung der militärischen Führung, zunächst auf Dreierwalder Gebiet, mit dem Aufbau eines kleinen, damals nur etwa 200 Hektar großen Fliegerhorstes begonnen. Das Bauvorhaben auf staatseigenem Grund und Boden wurde unter Leitung des in Münster beheimateten Luftgauamtes 6 durchgeführt. Das als Feld- und Einsatzflugplatz vorgesehene Projekt, unter der Bezeichnung "Rheiner Bauabschnitt 2", erhielt damals drei Startbahnen. Die befestigte Hauptstartbahn verlief mit einer Länge von 1.800 Metern in Ost-West-Richtung. Die zwei weiteren Startbahnen wiesen lediglich eine Länge von jeweils 1.000 Metern auf und waren für Jägerstaffeln mit den Startrichtungen Nord-Süd und Südwest-Nordost vorgesehen. Nach der Fertigstellung des neuen Fliegerhorstes im Jahre 1939 gab es jedoch Schwierigkeiten mit der Namensgebung, da die Bürger der Gemeinde Dreierwalde die Zustimmung zur Nutzung ihres Ortsnamens für den neuen Flugplatz verweigerten. Erst nach dem weiteren Ausbau des Flugplatzgeländes in den Jahren 1940 bis 1944, welche auch eine Verlängerung der Hauptstartbahn auf 3.000 Meter im Bereich der Gemeinde Hopsten mit sich brachte, wurde dem Flugplatz der Name "Fliegerhorst Hopsten" vergeben, der bis zum heutigen Tage seine Gültigkeit behalten hat.

Am Tag der offiziellen Indienststellung des Flugplatzes am 25. Oktober 1939 verlegte unter Führung des Gruppenkommandeurs, Hauptmann Riegel, die 1. Gruppe des Jagdgeschwaders 27 mit 48 Maschinen des Typs Me 109E-1 von Münster-Handorf nach Hopsten und war somit unter ihrem ersten Kommodore, Oberstleutnant Max Ibel, für die sogenannte "Reichsverteidigung" gerüstet.
Aufgrund politischer und strategischer Veränderungen spielte der Fliegerhorst Hopsten als Operationsbasis zu Beginn des 2. Weltkrieges für die damalige Luftwaffe zunächst nur eine zweitran­gige Rolle. In den Jahren 1939 bis 1944 wurde der Flugplatz nur kurzfristig von verschiedenen Tagjägerverbänden, Nachtjäger­einheiten und Kampfgeschwadern genutzt. Die Zeit wurde zum wei­teren Ausbau des Fliegerhorstes genutzt. Hierbei wurden erste Enteignungen bei den Bürgern der angrenzenden Gemeinden Hopsten und Hörstel vorgenommen. Im Nordbereich des Fliegerhorstes, zwischen Dreierwalde und Hopsten, entstanden für die damalige Fliegerhorstkommandantur neue Unterkunftsgebäude und zusätzliche Abstellplätze sowie Rollwege für Luftfahrzeuge.

Als das damalige NS-Regime im Verlaufe des Krieges militärisch immer mehr in die Defensive gedrängt wurde, sollte sich die Ruhe der ersten Kriegsjahre in Hopsten allerdings sehr schnell ändern. Bereits im Sommer 1944 zeichnete es sich ab, dass die Lage des Fliegerhorstes Hopsten aus militärischer Sicht einen sehr guten Standort für die "Reichsverteidigung" abgeben würde. Ab Herbst 1944 entwickelte sich der Fliegerhorst Hopsten dann sogar zu einer regelrechten Drehscheibe für alle möglichen Aktivitäten der ehemaligen Luftwaffe.

Ab dem September 1944 flog das zwischenzeitlich nach Hopsten verlegte und mit dem Düsenflugzeug Me 262 ausgestatte­te Kampfgeschwader 51 "Edelweiß" von hier aus u.a. Angriffe auf den Flugplatz Ath-Chievres bei Mons in Belgien, wo das Geschwader selbst noch wenige Wochen vorher stationiert war. Auch das ab Dezember 1944 auf dem Fliegerhorst stationierte 6. Kampfgeschwader 76 mit der Aufklärungsgruppe "Sperling", das mit dem Düsenflugzeug Arado Ar 234 ausgerüstet war, kam von hier aus zum Einsatz. Zunächst noch zu Aufklärungsmissionen einge­setzt, kamen später auch Angriffsmissionen, u.a. auf die Rheinbrücke bei Remagen, dazu.
Allerdings ließ die nahezu vollständige Luftherrschaft der Alliierten über Deutschland selbst derart technisch überlegene Flüge sehr bald zu einem unkalkulierbaren Risiko werden. Letztendlich mussten sogar die Starts und Landungen der Düsenflugzeuge, sollten sie überhaupt noch ein gewisses Maß an Erfolg versprechen, durch beträchtliche Massierungen an konventio­nell angetriebenen Jagdflugzeugen unterstützt werden.

So wurden diverse Jagdverbände mit dem Ziel eingesetzt, die Düsenflugzeuge in deren empfindlichsten Flugphasen, dem Start und der Landung, gegen alliierte Jagdbomberangriffe abzuschirmen. Hierzu kamen Verbände wie

- das II./Jagdgeschwader 1 aus Drope bei Lingen,
- das III./Jagdgeschwader 1 vom Fliegerhorst Rheine-Bentlage,
- der Stab sowie das I./Jagdgeschwader 26 aus Drope und Fürstenau,
- das II/Jagdgeschwader 26 aus Nordhorn,
- das III./Jagdgeschwader 26 aus Plantlünne,
- der Stab und I./Jagdgeschwader 27 von Rheine-Bentlage,
- das II/ Jagdgeschwader 27 von Hopsten selbst,
- das III./ Jagdgeschwader 27 aus Hesepe,
- das IV./ Jagdgeschwader 27 aus Achmer sowie
- das III./ Jagdgeschwader 54 "Grünherz" mit ihren JG 190D-9 aus Varrelbusch, Vörden und Fürstenau zum Einsatz.

Gegen Kriegsende war der Hopstener Fliegerhorst ein häufiges Ziel alliierter Luftangriffe. Aufgrund der äußerst starken Luftabwehr der hiesigen Flugabwehrgeschütze (bis zu 500 Geschütze waren zeitweilig in Platznähe im Einsatz), blieb er jedoch in Verbindung mit schnell durchgeführten Reparaturen der Start- und Landebahnen relativ unversehrt. Auch mittels guter Tarnung und weitflächiger Abstellung der Einsatzmaschinen ließ sich die Funktionsfähigkeit des Flugplatzes bis zur Besetzung durch britische Truppen erhalten.

Das Ende der Luftwaffe zeichnete sich spätestens seit dem 1. Januar 1945 ab. Mit den noch verbliebenen Piloten und Luftfahrzeugen wurde das "Unternehmen Bodenplatte" durchgeführt. Dieses hatte das Ziel, alliierte Flugzeugverbände im bereits befreiten Westeuropa durch Jagdbombereinsätze auf alliierte Feldflugplätze zu dezimieren. Doch die mittlerweile erzielte absolute Luftherrschaft der Alliierten, die große Unerfahrenheit viel zu junger deutscher Piloten und die von diesem Großeinsatz nicht allerorts informierten eigenen Flak-Verbände ließen dieses irrsinnige Vorhaben scheitern. Die nach diesem Vorhaben noch verbliebenen Reste des Kampfgeschwaders 51 "Edelweiß" mit ihren Me 262 verlegten am 30. März 1945 schließlich von Rheine - Hopsten nach Giebelstadt. Bis zur Besetzung des Platzes Anfang April 1945 waren auf dem Fliegerhorst Hopsten noch das Jagdgeschwader 26 mit Bf 109G/K und der Jg 190A, das Jagdgeschwader 27 mit Messerschmitt Bf 109G/K sowie Teile des Nachtjagdgeschwader 1 mit Bf 110 und Heinkel He 219 stationiert.
In den letzten Kriegstagen sprengten deutsche Einheiten die Infrastruktur und machten den Platz unbrauchbar. Die Übergabe des Fliegerhorstes Hopsten erfolgte am 6. April 1945 schließlich kampf­los an die mittlerweile vorgerückten alliierten Truppen. Diese ent­schlossen sich nur wenig später, das für die Fliegerei gänzlich unbrauchbar gewordene Gelände, der benachbarten Bevölkerung wieder zur landwirtschaftlichen Nutzung zu überlassen.

Der Neubeginn in Rheine nach dem 2. Weltkrieg

Nach dem völligen Zusammenbruch der Schreckensherrschaft des sogenannten "Dritten Reiches" und der späteren Aufteilung Deutschlands unter den Siegermächten im Rahmen der bedingungslosen Kapitulation, entstand auf dem Boden der drei westlichen Besatzungszonen die Bundesrepublik Deutschland mit einer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Bereits zehn Jahre nach Kriegsende erhielt die junge Bundesrepublik, unter Kontrolle der Westmächte, eine neue Armee zum Schutz und zur Erhaltung der demokratischen Grundordnung und der Freiheit. Im Jahr 1956, nur wenige Monate nach Gründung der Bundeswehr, begann die neue Teilstreitkraft Luftwaffe neue Geschwader und somit auch Flugplätze wieder in Dienst zu stellen.

Es sollte jedoch noch drei Jahre dauern, bis sich das Bundesministerium der Verteidigung im Jahre 1959 entschloss - nach 14-jähriger Unterbrechung - auf dem Areal des ehemaligen Fliegerhorstes Hopsten, den jüngsten Spross der Luftwaffe auf 306 Hektar Fläche zu etablieren.
Aus NATO-Mitteln wurden Spezialfirmen aus dem gesamten Münsterland mit der Verwirklichung der Pläne beauftragt, einen kom­plett neuen Militärflugplatz unter den damalig modernsten NATO-Standards zu bauen. Die Start- und Landebahn der neuen NATO-Air Base verlief in Nord-Süd-Richtung über eine Länge von 3.000 Meter und einer Breite von 30 Meter, genau zwischen den benachbarten Ortschaften Dreierwalde und Hopsten im Nordbereich sowie Hörstel im Südbereich. Stellplätze, flugplatztechnische Einrichtungen und Zufahrtswege sowie einen, in der ca. 8 Kilometer vom Flugplatz entfernt gelegenen Stadt Rheine errichteten Unterkunftsbereich mit Administrationsgebäuden vervollständigten alle durch die NATO vorgegebenen Standards für Westeuropa. Der alte Name "Fliegerhorst Hopsten" wurde für den neuen NATO-Flugplatz beibehalten.

Im April 1961 wurde das auf dem niederrheinischen Fliegerhorst Nörvenich beheimatete Jagdbombergeschwader 31 mit der Bereitstellung eines 40 Mann starken Vorauskommandos und dem erforderlichen Erstmaterial beauftragt. Die "Männer der ersten Stunde" des neu aufzustellenden Jagdbombergeschwaders 36, hatten bis zur Indienststellung am 12. Dezember 1961 unter ihrem ersten Kommodore des Verbandes, Major Wilhelm Meyn, Pionierarbeit mit viel Improvisationsvermögen zu leisten. Geht nicht - gibt's nicht, war ihre Devise. So manche Anekdote ließe sich hier erzählen. War beispielsweise in dem anfangs nur einmal vorhandenen Werkzeugkasten kein Schraubenzieher zu erlangen, ließen sich die Schnellverschlussschrauben an den ersten eingetroffenen Flugzeugen des Typs F-84F "Thunderstreak" auch schon mal mit etwas Hartgeld bewegen.

Stationierung des ersten fliegenden Waffensystems der Luftwaffe - Die Republic F-84F 'Thunderstreak"

Am 1. März 1961 war auf dem Fliegerhorst Nörvenich bereits die 1. Fliegende Staffel eines neuen Geschwaders aufgestellt worden Hierzu wurde dem ortsansässigen Jagdbombergeschwader 31 mehr als 50 Jagdbomber des Typs Republic F-84F "Thunderstreak" nach Hopsten überstellt. Da die Jagdbomberverbände der Luftwaffe mit Zahlen im 30er-Bereich benannt wurden und die Zahlen 31 - 35 bereits vergeben waren, erhielt der neue Verband folgerichtig die Zahl 36. Das neue Jagdbombergeschwader 36 verlegte vom April bis zum 31. August 1961 komplett auf den NATO-Übungsplatz Decimomannu auf Sardinien (Italien). Hier begann die Pilotenausbildung des damals noch inoffiziell "Westfalen-Geschwader" genannten Verbandes.
Am 1. September 1961, also bereits einen Tag nach seiner Rückkehr von Sardinien, wurde die 1. Fliegende Staffel des neuen Geschwaders der NATO unterstellt. Es hatte fortan den Einsatzauftrag „Luftangriffe zur Unterstützung des Heeres" (in der NATO-Sprache Close Air Support - CAS) zu fliegen.
Einer der ersten Höhepunkte des jüngsten Geschwaders der Luftwaffe war der 12. Dezember 1961, als der damalige Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Josef Kammhuber, stellvertretend für den Bundesminister der Verteidigung Dr. Franz-Josef Strauß, das neue Jagdbombergeschwader 36 (JaboG 36) mit einem feierlichen Appell auf dem Fliegerhorst Hopsten offiziell in Dienst stellte.
Unter den Gästen befanden sich seinerzeit sowohl der General der Luftwaffengruppe Nord, Harlinghausen, als auch der Oberbefehlshaber der 2. Alliierten Luftflotte, Air Marshall Sir John Grandy, sowie zahlreiche Ehrengäste aus der Politik und von der Bundeswehr.
Bereits wenige Wochen nach Indienststellung des Verbandes wurde durch das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) per Aufstellungsbefehl vom 19. Januar 1962 eine zweite Staffel gebildet. Dazu wurde der Flugzeugbestand auf nun zwei fliegende Staffeln aufgeteilt. Diese 2./JaboG 36 betraute man innerhalb der Luftwaffe mit einer Besonderheit. Primär wurde sie mit der Schulung der in den USA trainierten F-84F-Piloten der Luftwaffe auf mitteleuropäische Witterungsverhältnisse sowie die anfängliche Waffenausbildung beauftragt. Dafür bekam die Staffel ab Mitte 1962 zusätzlich sechs Lockheed T33A als Trainermaschinen zur Verfügung gestellt. Des Weiteren ergänzten zwei Piaggio JG P149D, die als Verbindungsflugzeuge dienten, den Flugzeugbestand des JaboG 36.
Drei Monate nach offizieller Indienststellung, am 30. März 1962, verzeichnete der noch junge Verband seinen ersten Flugunfall. Feldwebel Helmut Korstick stürzte mit seiner Maschine während eines Übungsfluges in Westerkappeln ab. Eine Rettung mit dem Schleudersitz war ihm nicht mehr möglich, sodass er den Fliegertod fand. Große Bestürzung und tiefe Trauer überschatteten daraufhin das Geschwader.
Nachdem im Verlauf des Jahres 1962 auch der Großteil der Gebäude im Unterkunftsbereich an der Schorlemerstraße in Rheine bezugsfertig geworden war, präsentierte sich das Geschwader am 16. Juni erstmals mit einem "Tag der offenen Tür" der Bevölkerung. 150.000 Besucher, eine nahezu unglaubliche Zahl, ließen sich dieses Ereignis im Münsterland nicht entgehen und würdigten damit die Leistungen der Geschwaderangehörigen beim Aufbau des Geschwaders.

Der als erster, streng nach NATO-Kriterien gebaute deutsche Fliegerhorst, erhielt auf der Hopstener Air-Base am 23. Juli 1962 eine flugtechnische Neuheit. Der damalige Kommandeur der Technischen Gruppe, Major Hubert Lange, nahm die Notfanganlage des Fliegerhorstes in Betrieb. Mit Hilfe eines Fanghakens am Flugzeug und eines Fangseiles quer über die Landebahn konnten von nun an Maschinen, die aufgrund technischer Probleme nicht mehr selbständig zum Stehen kamen, zu einem Nothalt gebracht werden.
Aber auch nicht ganz so spektakuläre Neuheiten erfreuten damals die Soldaten: Mit Wirkung vom 13. März 1963 wurde der Entwurf eines Geschwaderwappens vom Führungsstab der Luftwaffe genehmigt und fortan prangte das neue Wappen des JaboG 36 an den Leitwerken der "Thunderstreaks". Das Wappen zeigt das springende Westfalenross auf rotem und blauem Grund, womit der Verband seine Verbundenheit zum Westfalenland und seiner Bevölkerung zum Ausdruck bringen wollte. Der blaue Grund steht hierbei für den Himmel und der rote Grund für die Erde Westfalens. Das Wappen sollte alle späteren Umstrukturierungsmaßnahmen des Verbandes überdauern: Vom Jagdbombergeschwader 36 über das spätere Jagdgeschwader 72 'Westfalen", bis hin zum heutigen Fluglehrzentrum F-4F und ist noch immer ein festes und allseits bekanntes Bindeglied der Soldaten zur Bevölkerung Westfalens.

Mit der Fortführung weiterer Baumaßnahmen im Unterkunftsbereich in Rheine vollzog sich 1963 auch die Errichtung eines Munitionsdepots auf der Gemarkung Uthuisen, etwa 3 km südlich des Fliegerhorstes, und eines Außentanklagers im nördlichen Außenbereich des Fliegerhorstes, zwischen den Gemeinden Dreierwalde und Hopsten. Dem Munitionsdepot sollte nur wenige Monate später eine außerordentliche Bedeutung zukommen auf die später noch näher eingegangen wird.

Eine weitere Herausforderung erfuhr der Verband im Juni 1963, als erstmals ein Teilkontingent zum NATO-Übungsplatz nach Decimomannu auf Sardinien (Italien) verlegte. So war der Flugbetrieb parallel auf Sardinien und am Heimatplatz sicher zu gewährleisten und arbeitstechnisch durchzuführen.

Ein weiterer Höhepunkt vollzog sich vom 12. bis zum 28. Juni 1963, als sich das JaboG 36 erstmalig den Aufgaben als Ausrichter des `Tactical Weapons Meetings' auf deutschem Boden stellte. An dieser Übung für Jagdbomberpiloten aus sechs NATO-Mitgliedsstaaten der Luftstreitkräfte Nord (2. ATAF) und Süd (4. ATAF) nahmen mehr als 250 Soldaten teil, die in 220 realistisch gehaltenen Einsätzen überprüft wurden. Auf dem Programm standen der Beschuss von Erdzielen mit Raketen und Bordkanonen, der Abwurf konventioneller Bomben aus niedriger Höhe und der vorgetäuschte Einsatz taktischer Nuklearwaffen auf dem nahe gelegenen Schieß- und Bombenabwurfplatz Engdener Wüste bei Nordhorn. Die begehrte "Broadhurst Trophy" errang schließlich das Team vom Escadre de Chasse 3 aus St. Dizier (Frankreich) mit ihren F-100-Flugzeugen.
Bemerkenswerter als die Platzierung, war jedoch die Tatsache, dass es dem JaboG 36 überhaupt gelang, zu diesem frühen Zeitpunkt nach der Aufstellung des Verbandes eine derartige Übung zu organisieren und gleichzeitig seinen eigenen hohen Klarstand an Maschinen unter Beweis zu stellen. Nicht zuletzt war es dem Engagement der Technischen Gruppe, unter Führung ihres damaligen Kommandeurs, Major Hubert Lange, zu verdanken, dass das JaboG 36 den Ruf herausragender Einsatzbereitschaft erlangte.

Unmittelbar im Anschluss an das "Tactical Weapons Meeting" fand die erste Überprüfung des jungen JaboG 36 durch NATO-Kontrolleure statt. Diese so genannte "Tactical Evaluation" (TacEval) wurde mit einem guten "B-Rating" bestanden.

Das Überschallzeitalter – Der F-104 „Starfighter“

Der "Schwesterverband", das JaboG 31 "Boelke", präsentierte auf dem zweiten "Tag der offenen Tür" des JaboG 36 am 22. Juni 1964 erstmals das neue Einsatzflugzeug der Bundeswehr, den Lockheed F-104G "Starfighter", das dort bereits seit Mitte 1962 geflogen wurde und auch in Hopsten die F-84F "Thunderstreak" bald ablösen sollte.

Das neue fliegende Waffensystem des JaboG 36, der "Starfighter", wurde der Bundesrepublik Deutschland bereits 1957 von der US-amerikanischen Rüstungsfirma Lockheed als kleiner, leichter und einfacher Tagjäger angeboten. Bis zur Unterzeichnung des Kaufvertrages im März 1959 hatte sich das Flugzeug jedoch zu einem schweren und komplexen, aber auch leistungsfähigen Kampfflugzeug weiter entwickelt. Neben der rein konventionellen Jagdbomberaufgabe konnte es mit Hilfe hoch entwickelter Allwetter-Navigations- und Waffenleitsysteme auch die sogenannte nukleare Rolle („Strike“) übernehmen. Eine "Heiße Phase" im "Kalten Krieg" hatte begonnen!
Es war der 2. Februar 1965, als der damalige Geschwa­derkommodore, Oberstleutnant Lothar Kmitta, den ersten "Hopstener Starfighter" mit der Kennung `DF-101' auf der Runway des JaboG 36 landete (DF- identifizierte alle Maschinen des JaboG 36 in den Anfangsjahren, während die erste Zahl nach dem Bindestrich Auskunft über die Staffel gab. Ab 1968 wurde der vierstellige Zahlen-Code eingeführt, der nun nicht mehr Aufschluss über den Verband, sondern über den Flugzeugtyp gab). Die Überführung des Starfighters erfolgte direkt von der Wehrtechnischen Dienststelle (WTD) 61 in Manching und läutete damit das Zeitalter der doppelschallschnellen Jagdbomber in der westfälischen Region ein.
Von der Übernahme des ersten F-104G "Starfighter" bis zum Aufwuchs auf die Sollstärke von 52 Einsatzmaschinen dauerte es fast zwei Jahre, und erst im Dezember 1967 wurde der Verband wieder der NATO unterstellt. In den knapp sechs Jahren Einsatzzeit und über 50.000 Flugstunden auf dem fliegenden Waffensystem F-84F "Thunderstreak" hatte der junge Verband allerdings auch einige Flugunfälle zu verkraften, bei denen acht Flugzeugführer ihr Leben verloren.

Zehn Jahre lang sollte nun das bisher wohl schönste und eleganteste, je gebaute Kampfflugzeug das Bild am Himmel über der NATO-Basis Hopsten/Dreierwalde prägen. "Bemannte Rakete" wurde der mit einer Höchstgeschwindigkeit von Mach 2 (doppelte Schallgeschwindigkeit) ausgestattete und etwa sechs Millionen DM teure F-1 04G "Starfighter" von den Soldaten genannt. Obwohl von der Absturzserie arg gebeutelt und von den Medien als "Witwenmacher" bezeichnet, galt der "Starfighter" in den Augen der Hopstener - Piloten als sicheres Flugzeug.
Im Vergleich zum vorherigen Flugzeug, der F-84F "Thunderstreak", verlor das JaboG 36 in den zehn Jahren Einsatzzeit mit der F-104G "Starfighter" mit neun Flugzeugen weniger Maschinen. Jedoch waren auch bei diesen Flugunfällen tote Kameraden zu beklagen; sechs weitere Piloten des Geschwaders fanden hierbei den Fliegertod.
Der damalige Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Johannes Steinhoff, verlieh dem in Rheine an der Schorlemerstraße erbauten Unterkunfts- und Verwaltungsbereich am 25. Oktober 1966 den Namen General-Wever-Kaserne. Die Luftwaffe wählte damals den Namen des 1936 bei einem Flugzeugabsturz getöteten ersten Generalstabschefs der Luftwaffe, Walther Wever, aufgrund seiner organisatorischen Leistungen und seines strategischen Weitblicks beim Aufbau der Luftwaffe.
Zur Erfüllung der neuen NATO-Doktrin "Flexible Response" ("Flexible Reaktion") aus dem Jahr 1967, die im Extremfall auch den Einsatz von taktischen Nuklearwaffen vorsah, wurden mehr als 100 US-amerikanische Soldaten auf den Fliegerhorst Hopsten entsandt. Diese wohnten mit ihren Familien über mehrere Jahre im Dorf Dreierwalde. Nach der Freigabe durch den US-amerikanischen Präsidenten hätten Spezialisten unter diesen Soldaten die taktischen Atomwaffen bereitzustellen gehabt, die dann der deutsche Verband hätte einsetzen müssen (`Strike-Mission').
Speziell für diese Aufgabe wurde ab dem Jahre 1967 ein separater so genannter "QRA-Bereich" ("Quick Reaction Alert" - "Erhöhte Alarmbereitschaft") auf dem Gelände des Fliegerhorstes geschaffen,
Der per Doppelzaun und mittels strengster Einlasskontrollen hermetisch abgeriegelt war. Innerhalb dieses Bereiches befanden sich nach vorn und hinten offene Hallen für die startklaren Einsatzmaschinen sowie Gebäude mit Schlaf- und Aufenthaltsräumen für deutsches und US-amerikanisches Sicherungspersonal, für Warte und für die Piloten der 'QRA'-Maschinen.

Im Munitionslager Uthuisen waren die US-amerikanischen Atombomben eingelagert. Die als "Sonderwaffen" bezeichneten Atombomben wurden quartalsmäßig ausgetauscht, wobei der Lufttransport von einem US-amerikanischen, in der Bundesrepublik Deutschland angelegten, Lager mit der Douglas C-124 "Globemaster II", zu den deutschen F-104G-Plätzen durchgeführt wurde. Der Transport der "Sonderwaffen" vom Munitionslager Uthuisen zu den flugklaren Einsatzmaschinen vollzog sich als monatliche Drillübung.
Unter Einsatz von jeweils bis zu 150 Wachsoldaten der zum Verband gehörenden "Sicherungsstaffel -S", wurde die 3 km lange Strecke vom Munitionsdepot Uthuisen bis zum Fliegerhorst-Hopsten weiträumig hermetisch abgeriegelt. Einer "Prozession" gleich setzte sich der Zug in Bewegung, wobei entweder mit der Trainingssonderwaffe Mk. 106 oder aber mit den Profilübungsbomben BDU-8 oder BDU-12 die eigentliche "Sonderwaffe" simuliert und auf einem, von einem Unimog gezogenen, Trailer mitgeführt wurde. Gelegentlich fand auch eine routinemäßige Übung unter Einbeziehung örtlicher Rettungskräfte statt, in der ein atomarer Unfall mit der "Sonderwaffe" simuliert wurde. Nach der Heranführung der "Sonderwaffe" aus dem Munitionslager Uthuisen in den QRA-Bereich, nahmen vier deutsche Soldaten, das so genannte Loadingteam für atomare Abwurflast, den Anbau der Waffe am Rumpfträger des F-104G "Starfighter" vor. Die geforderte und zu erreichende Beladezeit einer Atomwaffe lag unter 30 Minuten. Die abschließende Schärfung der "Sonderwaffe" oblag dann allerdings US-amerikanischen Soldaten. Spezialisten der `Munitions Support Group' vom 50th Bomb Detachment, brachten den jeweiligen Sprengkopf an und verfügten exklusiv über die Initialcodes.
Ein mit der "Sonderwaffe" plus vier Zusatztanks beladener F-104G "Starfighter" erlaubte unter Tiefflugvoraussetzungen einen Einsatzradius von bis zu 1.300 Kilometern. Die taktischen Einsatzziele, wie etwa die Truppenkonzentrationen der sogenannten "2. Welle", im Bereich des ehemaligen Gebiets des Warschauer Pakts, wären den deutschen Besatzungen erst unmittelbar vor ihrem Start bekannt gegeben worden.

Die 1. Staffel des JaboG 36 hatte von nun an zwei F-104G "Starfighter" plus eine Reservemaschine in einer "15-Minuten-Bereitschaft" im QRA-Bereich zu stellen. Die Aufgabe hierbei war es, spätestens 15 Minuten nach Alarmierung mit zwei einsatzklaren und beladenen Flugzeugen in der Luft zu sein. Alle anderen F-104G­Verbände der Luftwaffe hatten sogar vier Alarmmaschinen plus eine Reservemaschine, ausgestattet mit jeweils vier Zusatztanks, verfügbar zu halten.

Sicherlich kein strategisches, aber ein jeden Geschwaderangehörigen mit Stolz erfüllendes Highlight, war die am 5. Januar 1969 erfolgte Gründung der verbandseigenen Band mit dem Namen "Starfighter 36". Diese einzigartige Band erlangte bei den Militärs bundesweit schnell einen sehr guten Ruf. Sie spielte neben geschwadereigenen Anlässen auch auf hochkarätigen Veranstaltungen wie beispielsweise dem Luftwaffenball und dem Bundespresseball sowie auf Auslandsstützpunkten der Bundeswehr.
Selbst in der Türkei trat sie auf! Der damalige Militärattache der deutschen Botschaft in Ankara hatte die "36er" verpflichtet, auf einem Empfang zu Ehren des Bundesaußenministers zu spielen. Leider gibt es die Band heute nicht mehr. Allerdings soll sich die alte Besetzung in den Jahren 2002/2003 mit großem Erfolg noch einmal in der Nachbargemeinde Neuenkirchen zu einem Konzert zusammengefunden haben.

Die Aufgabenstellung der 2. Staffel des Geschwaders blieb unverändert. Sie hatte weiterhin den Auftrag, die Kampfbereitschaft mit konventionellen Waffen herzustellen sowie die "Europäisierung" der in den USA ausgebildeten, jungen deutschen F-104G-Piloten sicherzustellen.

Anfang 1972 führten Veränderungen bei der NATO zur Aufgabe der 'Strike'-Rolle. Fortan übernahm auch die 1. Staffel des JaboG 36 die Jagdbomberrolle mit ausschließlich konventionellen Mitteln. Das US-amerikanische Spezialpersonal für die "Sonderwaffen" verließ noch im selben Jahr Dreierwalde.

Unerfahrenheit auf dem komplizierten Einsatzmuster und ein anfänglich unzureichender Schleudersitz (Lockheed C-2), hatten, seit der Nutzung des F-104G "Starfighters" durch die Bundeswehr, ab dem Sommer 1962 zu einer hohen Verlustrate an Piloten und Flugzeugen geführt. So stürzten mehr als 250 der 916 an die Luftwaffe gelieferten "Starfighter" ab, was dem Typ, wie bereits erwähnt, den bitteren Ruf als "Witwenmacher" einbrachte. Schlagzeilen wie: "Wagemutiger Pilot verhinderte Katastrophe" oder "Zwei Piloten des JaboG 36 kehrten nach ihrem Flugauftrag nicht mehr zum Horst zurück", spiegelten in der örtlichen Presse das Pflichtbewusstsein und den Mut der zum JaboG 36 gehörenden Flugzeugbesatzungen in ihrer Schicksalsstunde wieder. Erst verbesserte Voraussetzungen, wie die wachsende Erfahrung des Bodenpersonals, die bessere Schulung der Piloten und die nachträgliche Einführung des Schleudersitzes GQ-7 von Martin-Baker, sorgten ab Mitte 1967 für eine drastische Minderung der Abstürze. Dies war sicherlich nicht zuletzt ein Verdienst des damaligen Luftwaffen-Inspekteurs Johannes Steinhoff.

Zwingende Instandsetzungsarbeiten an der Hopstener Start- und Landebahn führten zu einer logistischen Meisterleistung des Verbandes im Jahre 1971. Im September verlegte das Geschwader für drei Monate 23 Starfighter sowie weitere Gerätschaften und Fahrzeuge auf dem Luft- und Seeweg nach Beja (Portugal), wo die Luftwaffe ein Ausbildungszentrum unterhielt. Gerade rechtzeitig zu den Feierlichkeiten anlässlich des 10jährigen Bestehens des JaboG 36 sowie der Erreichung der 50.000. Flugstunde des Geschwaders auf dem F-104G "Starfighter", erfolgte die Rückkehr nach Hopsten.

Im Jahre 1972, mit der Abgabe der beiden bewährten Piaggio P149, erhielt das JaboG 36 zwei Dornier Do 28D-2, die liebevoll auch "Bauernadler" genannt wurden. Sie dienten dem Geschwader genau 20 Jahre lang als Verbindungs- und leichtes Transportflugzeug. Zum Leidwesen vieler Piloten und Warte hat es für dieses "Lufttaxi" in der Luftwaffe keinen Nachfolger mehr gegeben. Bis 1992 war es bei einer zur "Außenlandung" gezwungenen Einsatzmaschine möglich gewesen, technisches Personal samt Werkzeug und kleineren Ersatzteilen schnell mit einer Do 28D-2 zur defekten Maschine zu bringen. Danach musste die Heranbringung von Personal und Material zeitraubend per Straßentransport erfolgen.

Das neue Arbeitspferd – Die F-4F „Phantom II“

Da Studien gezeigt hatten, dass durch Verschleiß und Materialermüdung bei den Einsatzmaschinen spätestens Mitte der 70er-Jahre mit einem überaus schlechten Klarstandniveau zu rechnen sein würde, begann die Luftwaffe bereits Mitte der 60er Jahre mit der Planung eines Nachfolgemusters für den F-104G "Starfighter".

Darüber hinaus verfügte die vorhandene Aufklärervariante des "Starfighters" weder über eine Nacht- noch über eine Allwetterfähigkeit. Die Luftwaffenführung beschloss deshalb bereits 1968, die RF-104G durch 88 fabrikneue RF-4E "Phantom II" von Mc Donnell Douglas zu ersetzen; mit der Möglichkeit der Erweiterung des Aufgabenpaketes. Die Erringung der Luftüberlegenheit, eine zwingende Forderung für Luftstreitkräfte, vermochte der F-104G "Starfighter" mit seinem einfachen Radar, seiner geringeren Reichweite und seiner unzureichenden Wendigkeit Anfang der 70er-Jahre nicht mehr zu erfüllen. Nach dem Abschluss mehrerer Auswahlverfahren mit diversen Nachfolgekandidaten, unterzeichnete die Bundesrepublik Deutschland schließlich einen Kaufvertrag über 175 F-4F "Phantom II" von Mc Donnell Douglas im Gesamtmaterialwert von 820 Millionen DM, um zunächst die Jagdverbände auf diese Maschinen umzurüsten.

Ab dem 7. März 1974 wurde das Jagdgeschwader 71 "Richthofen" in Wittmund als erster Jagdverband und später auch das Jagdgeschwader 74 "Mölders" in Neuburg/Donau mit der neuen F-4F "Phantom" ausgerüstet.
Durch die Verzögerungen bei der Einführung des nuklearfähigen Kampfflugzeugs "Tornado" erhielten auch bestimmte Jagdbomberverbände die F-4F "Phantom". Strategische Standortfragen sowie die entscheidende Tatsache, dass die F-4F "Phantom" nicht ausgerüstet war, einen taktischen Nuklearangriff auszuführen, bestimmten die Auswahl der mit der "Phantom" auszurüstenden Verbände.
Diese Überlegungen, die relative Nähe des Fliegerhorstes Hopsten zum "Eisernen Vorhang" und auch die bereits 1972 aufgegebene `Strike-Rolle" des JaboG 36 führten wohl letztendlich dazu den F­104G "Starfighter" durch die F-4F "Phantom" zu ersetzen.
Zehn Jahre F-104G-Geschichte sollten nun in Hopsten ihrem Ende entgegen gehen. Etwa 100.000 Flugstunden, die etwa 74 Millionen zurückgelegten Kilometern entsprechen, wurden in dieser Zeit geleistet.
Bereits im September 1974, während des dritten "Tages der offenen Tür", konnten rund 80.000 Gäste des Geschwaders das kommende Waffensystem des JaboG 36 erleben, denn die ersten "Phantoms" der Luftwaffe waren schon unter den Gastflugzeugen.
Es sollte jedoch noch vier Monate dauern, bis die erste F-4F "Phantom" des JaboG 36 in Hopsten auf der NATO-Basis landete. Am 4. Februar 1975 war es dann soweit und der damalige Geschwaderkommodore, Oberst Winfried Schwenke, brachte die mit der taktischen Kennung 37+97 versehene F-4F "Phantom" nach Hopsten.

Bedingt durch die Mehrfachrollenfähigkeit der F-4F "Phantom" bekam das JaboG 36 ab diesem Zeitpunkt erstmalig in seiner Geschichte auch den Einsatzauftrag "Luftverteidigung" als Sekundärrolle zugewiesen. Die neue Aufgabenstellung des Verbandes zeigte sich auch in der notwendig gewordenen Veränderung der Personalstruktur. Verfügte das JaboG 36 bis 1971 über 1.800 Soldaten, einschließlich etwa 60 Flugzeugführern, sowie über 450 Zivilangestellte, so forderte das neue Waffensystem F-4F "Phantom" mit dem zusätzlichen Einsatz so genannter „Kampfbeobachter (KBO)", die später "Waffensystemoffiziere (WSO)" genannt wurden, eine Aufstockung des Personalansatzes. Beide fliegenden Staffeln setzten sich von nun an aus jeweils drei Gruppen mit je sieben Flugzeugführern und Waffensystemoffizieren zusammen. Der Gesamtbestand des zur Durchführung des Flugbetriebes notwendigen Personals wuchs auf insgesamt 2.300 Soldaten und zivile Mitarbeiter an.
Die Piloten, die bislang nur einsitzige Strahlflugzeuge geflogen hatten und somit die Alleinverantwortung über "ihre Maschinen" besaßen, taten sich anfänglich schwer mit dem zweiten Mann auf dem Rücksitz des neuen Fluggerätes. Dieses spiegelte sich auch durch kleine "Neckereien" wie etwa der folgenden wieder:
Auf den Eingangstüren zweier im Stab der Fliegenden Gruppe befindlichen Toilettenbereiche, wurde die eine Tür mit der Aufschrift "FOR PILOTS ONLY" und die andere Tür mit der Aufschrift "FOR SCRUBWOMAN AND KBO'S" versehen.

Nach kurzer Zeit solcher "Spielchen" und einer gewissen Eingewöhnungszeit, sollte das neue Crewkonzept jedoch beweisen, dass es die Einsatzeffektivität und die Flugsicherheit innerhalb der deutschen Geschwader erheblich verbesserte.
Eine weitere sichtbare Auswirkung der neuen, zusätzlichen Luftverteidigungsrolle zeigte sich auf dem Fliegerhorst Hopsten auch im alten QRA-Bereich. Der für die in Alarmbereitschaft abgestellten F-104G "Starfighter" der 'Strike'-Mission errichtete Bereich, nahm fortan zwei mit scharfen Sidewinder-Luft-Luft-Flugkörpern bewaffnete F-4F "Phantom" auf. Deren Besatzungen standen in 24-Stunden-Bereitschaft, in der sie ihre F-4F "Phantom" innerhalb von sechs Minuten nach der Alarmierung (scramble) hätten in die Luft bringen müssen.

Doch auch im Unterkunftsbereich der General-Wever-Kaserne stand die Zeit nicht still. Das Unteroffiziercorps des Geschwaders eröffnete im Sommer 1975 ihr erstes Unteroffizierheim. Wurden bislang in jeder einzelnen Staffel des Verbandes eigene, kleine Unteroffizierkameradschaften gepflegt, hatte die Zusammenfassung dieser Kameradschaften zu einem geschlossenen Verein die Förderung und Festigung der Kameradschaft des gesamten Unteroffiziercorps des Verbandes zum Ziel. Rund 3.000 Arbeitsstunden mussten die anfangs 450 zum Verein gehörenden Unteroffiziere zur Fertigstellung ihrer Clubräume investieren. Im Beisein ihres Kommodores, Oberst Winfried Schwenke, dem Bürgermeister der Stadt Rheine, Herrn Ludger Meier, und vielen Unteroffizieren eröffnete der erste 1. Vorsitzende, Oberstabsfeldwebel Gerd Löring, die neue Begegnungsstätte. Bürgermeister Ludger Meier gratulierte dem Vorstand und den Unteroffizieren des Geschwaders zum neuen Heim und sprach die Hoffnung aus, dass die Gemeinschaft zwischen der Bundeswehr und der Bevölkerung von Rheine durch diese neue Einrichtung noch weiter wachsen werde. Die UHG wurde von den Unteroffizieren des Geschwaders schnell angenommen und wuchs später auf weit über 800 Mitglieder an.

Nachdem Ende Juli 1976 die Umrüstung des JaboG 36 auf die F­4F "Phantom" abgeschlossen war, konnte schließlich sowohl die 1. als auch die 2. fliegende Staffel des Geschwaders der 2. ATAF der NATO unterstellt werden.
Nahezu 200.000 Besucher besuchten im Juli 1977 den nun vierten "Tag der offenen Tür". Anlass hierfür war sowohl das 15jährige Bestehen des JaboG 36 am 12. Dezember 1976, als auch das gleichzeitige Erreichen der 173.000sten Flugstunde des Geschwaders. Neben vielen Gastmaschinen aus dem In- und Ausland und einer gelungenen Flugshow konnten die Gäste eine "16 ship"-Formation der in Hopsten beheimateten F-4F "Phantom" am strahlend blauen Himmel bewundern.
Im Februar 1979 durfte sich das Geschwader einer ganz besonderen Auszeichnung erfreuen: Das JaboG 36 erhielt den Bestpreis der 3. Luftwaffendivision und gleichzeitig den Flugsicherheitspreis der Bundeswehr.
Vom 21. Juli bis zum 26. September 1980, kurz nach Übernahme der "Tactical-Fighter-Rolle", verlegte erstmals ein deutscher Luftwaffenverband mit dem Ziel einer „Tiefstflugausbildung" in das kanadische Labrador. Mit sechs F-4F "Phantom" und einer weiteren Begleitmannschaft von 95 Soldaten leistete das JaboG 36 Pionierarbeit in Goose Bay (Kanada). Als Pilotverband für die Luftwaffe führte das Geschwader die Verlegung ins 5.000 km entfernte Kanada im so genannten "Inselhopping", mit Zwischenlandungen in Lossiemouth (Schottland), Keflavik (Island) und Sondrestrom (Grönland) durch. Nach mehr als sieben Stunden reiner Flugzeit war das Ziel nach 5.000 km erreicht und der Aufbau des Tiefstflugtrainings, dem heutigen standardmäßigen Schulungsprogramm aller Kampfverbände der Luftwaffe, nahm seinen Anfang. Bei dem Gelände in Kanada handelte es sich um den ehemaligen Vulcan-Bomber-Ausbildungsplatz der Royal Air Force in Goose Bay. Unter dem Kürzel - GAFTIC - (German Air Force Training In Canada), sollte dies nun zu einem festen Bestandteil der Ausbildung in der Luftwaffe werden. Leider verlor dabei, kurz vor der Rückverlegung nach Deutschland, das JaboG 36 am 22. September 1980 ihre erste F-4F "Phantom", wobei Hauptmann Volker Neuenfeldt und Leutnant Johannes Hülsmann in der 38+65 ums Leben kamen.
Mit der zweiten Verlegung nach Kanada im Sommer 1981 konnten die F-4F-Besatzungen des JaboG 36 die Atlantiküberquerung mit insgesamt acht "Phantom" nonstop durchführen. US-amerikanische Tankermaschinen vom Typ KC-135 betankten die deutschen F-4F "Phantom" fünfmal in der Luft und ermöglichten somit erstmals die direkte Luftfahrzeugüberführung in der Zeit von "nur" sechs Stunden.

Ein Jahr später blickte der Verband auf sein 20-jähriges Bestehen zurück. So wurde am 20. September 1981 der fünfte „Tag der offenen Tür" durchgeführt, bei dem weit mehr als 100.000 Besucher ihr Interesse am Geschwader zeigten. Aus politischen Gründen wurde dem JaboG 36 jedoch jegliche Flugbewegung mit eigenen Maschinen untersagt. Selbst die am Folgetag anstehenden Werkstattflüge durften während des Flugtages nicht durchgeführt werden. Ein besonderes Highlight konnte den angereisten Gästen neben den vielen ausgestellten deutschen Luftfahrzeugen und ausländischen Gastmaschinen jedoch auf der Hopstener Runway geboten werden. Hierbei handelte es sich um ein "Vergleichsrennen" zwischen zwei Motorrädern der Marke Honda, einem Porsche 911 Turbo und einer F-4F "Phantom".
Doch wie viele der Gäste richtig vermuteten, wurde das Kampfflugzeug mit Leichtigkeit Sieger, musste allerdings den Bremsschirm ziehen, um nicht abzuheben! Anlässlich des 20-jährigen Bestehens wurde darüber hinaus die F-4F "Phantom" mit der taktischen Kennung 38+33 des JaboG 36 mit einer "Sonderlackierung" in den nordrhein-westfälischen Landesfarben versehen, wodurch der Verband seine besondere Verbundenheit mit dem Bundesland Nordrhein-Westfalen Ausdruck verlieh.

Die gute Infrastruktur des JaboG 36, aber auch die Forderung nach einer Standardisierung in der F-4F-Ausbildung, führte am 1. Februar 1981 zur Aufstellung der "Zentralen Ausbildungseinrichtung F-4F" (ZAE), die als separate, dritte Staffel des Geschwaders am 1. Januar 1984 offiziell in Dienst gestellt wurde. Sie hatte den Auftrag der "Europäisierung" sowie der Ausbildung von Fluglehrern für das Waffensystem F-4F "Phantom". In dieser so genannten "ZAE", wurden F-4F-Besatzungen in vier Lehrgängen pro Jahr vorrangig an den eigenen, engen Luftraum und das unbeständige Wetter Mitteleuropas gewöhnt. Neben der weiteren Ausbildung von Piloten und WSO"s zu Lehrern und Luftfahrzeug-Überprüfungsberechtigten, wurden hier auch Fiat G.91-Piloten auf die F-4F "Phantom" umgeschult.
Im Mai 1984 wurde dem JaboG 36 als Zeichen der Verbundenheit mit der Heimatregion eine besondere Ehre zuteil, denn das BMVg verlieh dem Verband den Traditionsnamen "Westfalen".
Dem damaligen Kommodore, Oberst Peter Vogler war es vorbehalten, nach seiner Landung am 18. März 1986 die 100.000ste Flugstunde auf der F-4F "Phantom", und gleichzeitig die 250.000ste Flugstunde aller hier beim JaboG 36 geflogenen Waffensysteme zu vermelden. Nur vier Monate später erfolgte der 500.000ste radarkontrollierte Landeanflug in Hopsten. Diese Ereignisse sowie das 25-jährige Bestehen des 'Westfalengeschwaders' bewogen den Verband am 14. September 1986 den sechsten "Tag der offenen Tür" durchzuführen. Das staunende Publikum durfte dabei den in der Verbandsgeschichte letzten Überflug einer "16-ship"-Formation miterleben. Darüber hinaus erfreute das Geschwader seine Zuschauer abermals mit einer sonderlackierten F-4F "Phantom". Die Maschine mit der Kennung 37+55 symbolisierte mit ihrem Farbanstrich eindrucksvoll die Vielfarbigkeit des Temperaturverlaufs während des Verbrennungsvorgangs im Triebwerk.

Die veränderte Bedrohungslage durch sowjetische Kampfflugzeuge der dritten Generation führte Ende der 70er Jahre zu der Entscheidung, die vorhandene "Phantom"-Flotte umfassend zu modifizieren. Mit der Kampfwertsteigerung sollte bis zur Einführung eines neuen europäischen Jagdflugzeuges diese Sicherheitslücke geschlossen und dem Warschauer Pakt ein Gegengewicht gegenübergestellt werden. Im Jahre 1983, kurz vor Abschluss des so genannten "Peace Rhine" -Programms, mit dem die F-4F "Phantom" aufgewertet wurden, stellte das BMVg einen Forderungskatalog für die Modifikation der "Phantom" auf und unterteilte die
F-4F-Flotte in die Luftverteidigungs- (LV) und in die Luftangriffsvariante (LA).

Zunächst wurden alle F-4F "Phantom" in die "LA"-Version, umgerüstet. Diese erhielten aufgrund ihres schwarzen Radoms im soldatischen Sprachgebrauch später auch den Namen "Schwarznase". Anschließend erhielten 110 der 153 deutschen
F-4F "Phantom" eine weitere Auswertung. Mit Modifikationen, wie dem Einbau einer lasergestützten Trägheitsnavigationsanlage, einer entsprechenden Bedieneinrichtung sowie eines digitalen Luftdatenrechners, wurden diese Flugzeuge für die Luftverteidigungsrolle "kampfwertgesteigert". Sie erkannte man an dem grauen Radom und sind deshalb auch unter dem Namen "Graunase" bekannt.

Diese Umrüstarbeiten nahmen 1991 ihren Anfang. Zunächst wurden zwei Flugzeuge der WTD 61 sowie auch eine F-4F "Phantom" aus einem Einsatzverband modifiziert. Das JaboG 36 "Westfalen" stellte dafür die F-4F mit der Kennung 38+43 ab und beteiligte sich damit am Testprogramm. Diese "Phantom" hatte dabei hauptsächlich den Abwurf von Bomben und den Einsatz der Bordkanone zur Aufgabe.
Die beiden F-4F der WTD 61 hingegen erprobten die unter Fachleuten als am effektivsten angesehene Kombination von Radargerät und Flugkörper für die Luftverteidigung, die damals auf dem Markt zu haben war: Das Radargerät AN/APG-65 und der Flugkörper AIM-120 "AMRAAM". Zwischen August 1991 und November 1992 verschossen diese drei "Phantom" mit den Sondermarkierungen "ICE-13", "ICE-15" und "ICE-43" ("ICE" - "Improved Combat Effiency" = "KWS" - "Kampfwertsteigerung") beim "Pacific Missile Test Center" der US Navy in Point Mugu (Kalifornien) insgesamt sechs der neuen Flugkörper und erzielten mit dieser Kombination einen vollen Erfolg.

Die Kampfwertsteigerung der zur Luftverteidigungsvariante modifizierten F-4F "Phantom" umfasste dann insgesamt den Einbau des für die F-18 entwickelten Radargerätes AN/APG-65 sowie eines Mission-computers, die Erweiterung der Kapazität des Waffenrechners, den Einbau von Startgeräten für die AIM-120 "AMRAAM" in den für die AIM-7 "Sparrow" vorgesehenen Mulden an der Rumpfunterseite des Flugzeugs sowie den Ankauf der neuen Flugkörper selbst.
Zeitgleich erfolgte ein Lebensdauer-Verlängerungsprogramm für die Flugzeugzelle, um die vorgesehene Flugstundendauer von 4.000 auf 6.000 zu erhöhen und somit die Maschinen bis in das Jahr 2012 im Einsatz halten zu können.
Die letzte kampfwertgesteigerte F-4F "Phantom" wurde im Januar 1997 an die Truppe zurückgeführt.

Der Fall des "Eisernen Vorhangs" und die damit einhergehende Wiedervereinigung Deutschlands im Oktober 1990, machte die Sicherstellung der Lufthoheit, auch über den fünf neuen Bundesländern notwendig. So entschied die Luftwaffenführung Ende 1990, neben den zwei bereits vorhandenen reinen Jagdverbänden, dem Jagdgeschwader 71 "Richthofen" und dem Jagdgeschwader 74 "Mölders", auch die mit der F-4F "Phantom" ausgerüsteten Jagdbomberverbände, das JaboG 35 in Pferdsfeld und das JaboG 36 "Westfalen", zu reinen Jagdgeschwadern umzurüsten und sie künftig exklusiv mit Luftverteidigungsaufgaben zu beauftragen. Die bereits vor der Wiedervereinigung der einstmals so gegensätzlichen deutschen Staaten eingeleitete Kampfwertsteigerung der 110 F-4F "Phantom" in eine Luftverteidigungsvariante kam dieser Aufgabe sehr entgegen.

Mit der tiefgreifenden Veränderung in der Aufgabenstellung des Verbandes stellte die Luftwaffenführung auch erste Überlegungen an, das JaboG 36 "Westfalen" in den Osten Deutschlands zu verlegen. Genährt wurden diese Gerüchte durch den Umstand, dass das JaboG 36 "Westfalen", im Wechsel mit dem JaboG 35, seit dem Oktober 1990 ein ständiges Kontingent von vier Luftfahrzeugen vom Typ F-4F "Phantom" stellte, das die Souveränität des Luftraums über den neuen Bundesländern zu gewährleisten hatte. Zwei Monate lang hatte der Flugplatz Fassberg die Aufgabe, den Einsatz dieser aus Hopsten und Pferdsfeld abkommandierten Alarmrotten abzuwickeln. Da die vorhandene Infrastruktur der in den neuen Bundesländern befindlichen Flugplätze der ehemaligen NVA-Luftstreitkräfte einen Einsatz von Flugzeugen der NATO nicht zuließ, wurden die Alarmrotten der beteiligten Geschwader im wöchentlichen Wechsel von der in Fassberg befindlichen Flugbasis eingesetzt. Doch die nur provisorische Unterbringung der Flugbesatzungen und Wartungsmannschaften, umständliche Anlassvorgänge der F-4F "Phantom" vor ihrem improvisierten Abstellhangar, lange Rollwege zur Startbahn und infolgedessen erheblich langsamere Reaktionszeiten von bis zu 30 Minuten führten schnell dazu, dass die QRA - Einsätze über dem Gebiet der fünf neuen Bundesländer bereits ab Mitte Dezember 1990 direkt von Hopsten aus erfolgten.
Mit Änderung des Einsatzauftrages wurde das JaboG 36 "Westfalen" am 1. Januar 1991, nach 30 Jahren Dienst als Jagdbombergeschwader, in Jagdgeschwader (JG) 72 "Westfalen" umbenannt.

Die Gerüchte einer eventuellen Verlegung des JG 72 "Westfalen" in die fünf neuen Bundesländer erhielten neue Nahrung, als der damalige Kommodore, Oberst Manfred Menge, erstmals mit einer MiG-29 "Fulcrum" aus den Übernahmebeständen der ehemaligen NVA-Luftstreitkräfte auf dem Heimatstützpunkt des JG 72 "Westfalen" landete. Am 5. März 1991 setzte die MiG-29 "Fulcrum" mit der taktischen Kennung 29+05 auf der Runway in Hopsten auf. Nur wenige Wochen später, genauer gesagt am 24. Mai 1991, wurde für die Angehörigen des JG 72 'Westfalen" aus dem Gerücht über eine etwaige Verlegung des Verbandes in die neuen Bundesländer Gewissheit.

In Laage (Mecklenburg-Vorpommern), auf dem jüngsten Flugplatz der ehemaligen NVA-Luftstreitkräfte, sollte das JG 72 "Westfalen" mit den eigenen F-4F "Phantom" und den zwischenzeitlich in die Luftwaffe übernommenen MiG-29 "Fulcrum" zu einem neuen Jagdgeschwader verschmelzen.
Als Folge dieser Entscheidung wurde im Februar 1995 die erst seit Januar 1984 bestehende dritte Staffel des Verbandes, die Zentrale Ausbildungseinrichtung F-4F, aufgelöst und deren Aufgaben der 2. Jagdstaffel des JG 72 "Westfalen" übertragen. Grund zum Jubeln gab es für die Angehörigen des JG 72 "Westfalen" in jenem Jahr 1991 wohl nicht, und trotzdem stand dem Verband ein besonderes Datum bevor, der 30. Jahrestag seiner Indienststellung! So kam manchem Besucher der siebte "Tag der offenen Tür" aus eben diesem Anlass doch eher wie ein Abschiedsbesuch beim "Westfalen - Geschwader" und dem Fliegerhorst Hopsten vor.

Das sich bei den Verbandsangehörigen und deren Familien hinsichtlich der Verlegeabsicht des Verbandes eingestellte Unbehagen wurde im April 1993 jedoch überraschend beendet. Militärische und politische Veränderungen sprachen sich für den Verbleib und Erhalt des JG 72 "Westfalen" in Rheine - Hopsten aus. Der Luftwaffenstützpunkt Rheine - Dreierwalde/Hopsten schien nun - scheinbar - doch für lange Zeit in dieser Region gesichert.

In den folgenden Jahren stand der Alltag des JG 72 "Westfalen" nun wieder ganz im Zeichen von routinemäßigem Flugdienst, der Teilnahme an Übungen, der Durchführung von Tiefstflugübungen in Goose Bay (Kanada) und Schießübungen auf Sardinien (Italien) sowie der Festigung trainierter Abläufe innerhalb der Aufgabenstellung der integrierten NATO - Luftverteidigung.

Das nächste herausragende Ereignis für das JG 72 "Westfalen" war die erstmalige Teilnahme eines Fliegenden Verbandes der Luftwaffe mit sechs F-4F "Phantom" im Mai 1996 an der Übung "Roving Sands" in New Mexico (USA). An dieser Hochwertübung über der Wüste „White Sands“ nahmen insgesamt mehr als 15.000 Soldaten aus mehreren Nationen teil. Unter der Führung des damaligen stellvertretenden Kommodore, Oberstleutnant Peter Fiolka, leisteten über 100 Angehörige des JG 72 "Westfalen" ihren Beitrag an der größten multinationalen Luftverteidigsungsübung der Welt. Stationiert waren sie auf der Cannon Air Force Base in Clovis (New Mexico).

Drei Monate nach erfolgreicher Rückkehr von der Übung "Roving Sands" lud das "Westfalen-Geschwader" die Bevölkerung anlässlich des 35. Jahrestages der Indienststellung des JaboG 36 / JG 72 "Westfalen" zu seinem achten "Tag der offenen Tür" ein. Vielleicht war es die Freude und Erleichterung über den Verbleib des "Westfalengeschwaders" auf dem Fliegerhorst Hopsten, dass die Jubiläumsmaschine des Jahres 1996 zur schönsten "Bunten Mühle" der Geschwadergeschichte avancierte. Über dem gesamten Rumpf der Maschine mit der taktischen Kennung 38+60, wurde ein überdimensionales weißes Westfalenross in den Farben des Geschwaders abgebildet. Diese "Sonderlackierung" war für lange Zeit ein echter "Eyecatcher" unter den "sonderbemalten" Jets der Luftwaffe.

Nur Wochen später nahm das JG 72 "Westfalen" als bislang zweiter F-4F-Verband der Luftwaffe an der Großübung "Red Flag" in Nellis (Nevada/USA) teil. Über einem Gelände von der Größe der Schweiz, konnten alle nur erdenklichen Luftkriegsszenarien geübt werden.
Nach der örtlichen Verlagerung der Musterschulung junger Flugzeugführer auf das Waffensystem F-4F "Phantom" vom kalifornischen Stützpunkt George zum neuen "Taktischen Ausbildungskommando" in Holloman (New Mexico/USA), war das Ende der Lebensdauer der bis dahin unter US-amerikanischer Zulassung eingesetzten zehn "Phantoms" vom Typ F-4E erreicht. Die Luftwaffe hatte sich daher entschlossen, 24 F-4F Phantomjets, die zum größten Teil aus der nicht kampfwertgesteigerten Luftangriffsversion bestanden, nach Holloman zu verlegen, um unter US-amerikanischer Zulassung, die fliegerische Musterausbildung auf diesem Waffensystem fortzuführen.

Dem JG 72 "Westfalen" wurde bei der Umsetzung dieser Maßnahme ab Januar 1997 eine wichtige Aufgabe zuteil, denn die aus den verschiedenen F-4F-Verbänden der Luftwaffe vorgesehenen Luftfahrzeuge wurden zunächst dem JG 72 'Westfalen" zugeführt und dann in mehreren "Wellen" in die USA geflogen. So starteten am 14. Januar 1997 die ersten zehn F-4F der "LA - Variante", die so genannten "Schwarznasen", zu ihrem Überführungsflug von Hopsten nach Holloman in den US-Bundesstaat New Mexico. Acht weitere Maschinen folgten am 5. Juni, ehe die letzte "Welle" mit sechs Maschinen das Vorhaben am 12. November 1997 beendete. Zeitgleich wurde entschieden, die restlichen, in der Luftwaffe verbliebenen F-4F der "LA"-Version in Hopsten zu konzentrieren. Damit wurde den in den USA geschulten Besatzungen bei der Weiterschulung in der 2. Staffel des JG 72 "Westfalen" ein nahtloser Übergang im gleichen Typ des Waffensystems F-4F "Phantom" ermöglicht.

Neben der Teilnahme an diversen internationalen "Flag-Übungen" ("Red Flag" in den USA und "Maple Flag" in Kanada) und den bereits zur Routine gewordenen Auslandskommandos nach Goose Bay (Kanada) und Decimomannu (Sardinien/Italien), verstrichen die Jahre bis zum Jahr 2000 "ohne besondere Ereignisse". Lediglich überfällige Baumaßnahmen, wie die Errichtung eines neuen Towers, der Austausch von Hallentoren, der Bau einer neuen Truppenküche und einer neuen Tankstelle, zogen die Aufmerksamkeit der Geschwaderangehörigen auf sich. Auch erfolgte im Sommer 2000 - bereits zum wiederholten Male - die Verlegung des gesamten Flugbetriebs in das benachbarte, niederländische Twenthe. In diesem Jahr war dies in den notwendig gewordenen Instandsetzungsarbeiten der Start- und Landebahn der Basis Hopsten begründet.

Eine besondere Ehrung erfuhr der Verband im Mai 2001, als dem JG 72 "Westfalen" der Flugsicherheitspreis der Bundeswehr für unfallfreies Fliegen in den Jahren 1997 bis 2000 verliehen wurde. Eine Leistung, auf die das JG 72 "Westfalen" mit Recht stolz sein durfte. Vor allem weil der Verband bereits in den Jahren 1992, 1994 und 1995 und zuvor auch schon das JaboG 36 in den Jahren 1971, 1978, 1979, 1981, 1984 bis 1988 und 1991 mit diesem Preis ausgezeichnet wurde.

Mit dem neunten "Tag der offenen Tür" blickte das "Westfalen - Geschwader" am 8. September 2001 unter großer Besucherbeteiligung auf sein 40-jähriges Bestehen zurück. Auch zu dieser Veranstaltung wurde von den Angehörigen des Westfalen-Geschwaders eine F-4F "Phantom" mit einer besonderen Lackierung versehen. Das Flugzeug mit der taktischen Kennung 38+37 schmückte sich eindrucksvoll in den Nationalfarben der Bundesrepublik Deutschland.
Dieser Jubeltag konnte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die "dunklen Wolken der Außerdienststellung", die sich schon einmal über dem JG 72 'Westfalen" befunden hatten, wieder zurückzukehren drohten!

Mit der Bekanntgabe der Luftwaffenstruktur 5 war die Auflösung des JG 72 "Westfalen" nun zur Gewissheit geworden. Große Betroffenheit machte sich unter den Angehörigen des Verbandes und den umliegenden Gemeinden breit. Durch die kommunalpolitische Landschaft ging ein unüberhörbarer Aufruf des Widerstandes, war doch neben der Auflösung des JG 72 "Westfalen" auch das in Rheine stationierte Transportbataillon 110 sowie ein in Rheine - Gellendorf beheimatetes Ausbildungsregiment des Heeres von den neuen Strukturmaßnahmen der Bundeswehr betroffen. Die Schließung der ortsansässigen Standortverwaltung mit den vielen zivilen Mitarbeitern schien "das Fass nun vollends zum Überlaufen zu bringen". Die Sorge in den Kommunalverwaltungen war groß, bildeten doch die in Rheine und Hopsten stationierten Bundeswehreinheiten einen starken Wirtschaftsfaktor für die Stadt und die umliegenden Gemeinden. Doch alle Anstrengungen und Mühen aus Politik und Öffentlichkeit konnten keine Änderungen der getroffenen Entscheidungen mehr herbeiführen.

Am Montag, dem 7. Januar 2002, fand der allerletzte "QRA-Einsatz" einer Flugzeugbesatzung auf dem Fliegerhorst Hopsten statt. Eine letzte 24-stündige Alarmbereitschaft, ein letztes "lufthoheitliches Manöver" einer F-4F "Phantom", die vollgetankt und mit scharfen Sidewinder-Luft-Luft-Flugkörpern bewaffnet, startbereit im QRA-Bereich auf ihren Einsatz wartete.

Bereits wenige Tage später, am 18. Januar 2002, wurde die 1. Staffel des JG 72 "Westfalen" außer Dienst gestellt. Der Einsatzauftrag des Verbandes, die Luftverteidigung, war Geschichte.
Das Schicksal der Außerdienststellung ereilte zeitgleich auch die 2. Staffel des JG 72 "Westfalen", allerdings nur administrativ. In letzter Minute hatte man dem Geschwader bis Mitte 2006 einen neuen, alten Auftrag übertragen. Die 1991 übernommene Aufgabe der "Europäisierung" der in den USA ausgebildeten F-4F-Besatzungen und die Fluglehrerausbildung blieb bestehen.
Die Ausserdienststellung des JG 72 "Westfalen" und die gleichzeitige Entlassung des Verbandes aus der NATO-Unterstellung wurde am 31. Januar 2002 mit einem feierlichen Appell und in Anwesenheit des letzten Kommodore des Geschwaders, Oberst Hans-Henning Pradel, sowie des Kommandeurs der 3. Luftwaffendivision, Generalmajor Horst Martin, vollzogen. Gleichzeitig erfolgte die Indienststellung des Fluglehrzentrums F-4F (FILehrZ F-4F) unter Führung ihres ersten Kommandeurs, Oberstleutnant Karl Fürnrohr.

Mit der Umstrukturierung des Verbandes vom Jagdgeschwader zu einem Fluglehrzentrum, unter gleichzeitiger Beibehaltung des für die durchzuführenden Ausbildungsvorhaben benötigten Klarstandes der Maschinen, bewiesen die Verbandsangehörigen erneut ihre Professionalität und fachliche Kompetenz in der Militärfliegerei. Die Veränderung der alten Strukturen, wie beispielsweise die Leitung der fachlichen Bereiche durch drei Gruppenkommandeure mit ihren Stäben und die Zusammenlegungen von Staffeln, mussten quasi ganz nebenbei bewältigt werden. Der für das FILehrZ F-4F festgeschriebene Personalumfang wurde hierbei schrittweise von 1.350 auf letztlich knapp unter 1000 Beschäftigte verringert. Für die im Verband verbliebenen Soldaten wurde der neue, von der NATO herausgelöste Auftrag schnell spürbar. Ein wesentlich geringeres Flugaufkommen, eingeschränkte Auslandskommandos zur Hochwertausbildung des fliegenden Personals und der Wegfall drillmäßiger Alarmübungen vor den TacEval-Überprüfungen des Verbandes, verursachten alsbald ein wenig Wehmut unter den Soldaten.

Ein alljährlich wiederkehrendes Highlight der aktiven Soldaten des FILehrZ F-4F war das zwischenzeitlich zu einer Großveranstaltung herangewachsene "Salvatorfest". Doch Veränderungen in der Außen- und Sicherheitspolitik und neue Auslandseinsätze der Bundeswehr im multinationalen Umfeld, ließen das seit 23 Jahren durchgeführte und mittlerweile zur Tradition gewordene "Salvatorfest" des Verbandes aus der "routinemäßigen Bahn" werfen. Mit dem "Salvatorfest", das bereits vom JaboG 36 und vom JG 72 "Westfalen" organisiert wurde, führte der Verband zum Frühjahr eines jeden Jahres mit aktiven Soldaten, Ehemaligen, militärisch hochgestellten Persönlichkeiten und Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, eine bis weit in ganz Deutschland hinein bekannte, öffentlichkeitswirksame Veranstaltung durch. Musste das Traditionsfest aufgrund eines Flugzeugabsturzes mit Todesfolge bereits einmal ausfallen, bewirkten die Folgen des Terroranschlags vom 11. September 2001 in den USA eine weitere Absage. Die Versicherungen waren nicht mehr bereit, eine für den Verband unabdingbare Ausfallversicherung anzubieten, was das endgültige Aus dieser Traditionsveranstaltung zur Folge hatte. Wieder mussten die Verbandsangehörigen den Verlust einer allseits beliebten Tradition verschmerzen.

Obwohl die Schließung des FILehrZ F-4F aus Rheine für das Jahr 2006 bereits feststand, nahm der Verband auch weiterhin regelmäßig an verschiedenen fliegerischen Übungen teil. Neben den jährlich stattfindenden Verlegungen des Verbandes zur Luftkampfausbildung nach Decimomannu (Italien), stellte der Verband auch weiterhin einzelne Crews und Maschinen zur Teilnahme an den Hochwertübungen 'Red-Flag' in Las Vegas (Nevada / USA) und `Maple Flag' in Cold Lake (Kanada) ab. Solche Termine und dem Verband übertragene Sonderaufgaben standen für die fliegenden Besatzungen auch weiterhin im jährlichen Vorhabenkalender.

Die Teilnahme an den fliegenden Flugvorführungen (Flying Displays) des Waffensystems F-4F "Phantom" ist nur ein Beispiel dafür. Auch die Übung „Anatolian Eagle“ in der Türkei unterstreicht, dass die Phantom das Ende ihrer Nutzungsdauer in der Luftwaffe noch lange nicht erreicht hat. Die Teilnahme einer Crew des FILehrZ F-4F an der Übung 'Combat Archer 2003' hatte in mehrfacher Hinsicht einen besonderen Touch. Hier ging es darum, die Hauptbewaffnung der Phantom, die Luft-Luft-Rakete AIM 120 'AMRAAM', auf ihre Einsatzfähigkeit zu überprüfen. Nicht nur dem eigentlichen scharfen Waffenverschuß kam eine wesentliche Rolle zu, auch wurden die Bodencrews und die Besatzungen theoretisch und praktisch weitergebildet und so in ihrer Leistungsfähigkeit gestärkt. Die auf das Infrarotspektrum ansprechende russische Luft-Luft-Rakete AA-11 `ARCHER' stand der US-amerikanischen Einheit `Weapon Evaluation Group' (WEG) Pate, die sowohl für die teilnehmenden US-amerikanischen als auch für einige wenige ausländische Einheiten/Verbände die Betreuung und Durchführung der scharfen Waffeneinsätze übernahm. Tyndall Air Force Base im US-Bundesstaat Florida beheimatet die in der westlichen Welt wohl einzigartige Einrichtung, die in der Lage ist, kontinuierlich alle Daten der Rakete im Flug aufzuzeichnen und auszuwerten.

Das FILehrZ F-4F nahm mit einer Besatzung an der vom JG 74 "Mölders" geführten Verlegung in die USA teil. Pilot Major Thomas Born und Waffensystemoffizier Major Axel Hangebrauck überführten "ihre" Phantom am 18. August 2003, zusammen mit fünf weiteren Maschinen, von Neuburg/Donau mit nur einem Zwischenstopp in Goose Bay (Kanada) nach Tyndall (USA). Insgesamt erhielt jede F-4F "Phantom" auf dem 12stündigen Flug während neun Luftbetankungsvorgängen etwa 25.000 Liter Kerosin, das von zwei Großtankern vom Typ KC-10 bereitgestellt wurde. Für die Übung waren insgesamt sechs `AMRAAM' Luft-Luft-Raketen freigegeben, die jeweils in unterschiedlichen Flugprofilen verschossen wurden, so dass das gesamte Leistungsspektrum getestet werden konnte. Darüber hinaus trainierten die deutschen Besatzungen mit den US-amerikanischen Einheiten den Luftkampf (Dissimilar Air Combat Tactics - DACT) und traten so gegen die unterschiedlichsten fliegenden Waffensysteme, wie die F-16CJ oder die F-15C an.

Unter dem Projektnamen "Anatolian Eagle" nahm das FILehrZ F-4F im November 2003 für die Luftwaffe in der Türkei an einer neuen internationalen Übung teil. Zwischen 60 und 80 Luftfahrzeuge mehrerer Nationen befanden sich hierbei vom 3. bis 14. November 2003 über Anatolien im Einsatz. Am 28. und 29. Oktober 2003 verlegte das FILehrZ F-4F unter Führung des Kommandeurs, Oberstleutnant Christoph Kling, Personal und Material in die Türkei. Dem FILehrZ F-4F wurden dabei als Leitverband auch Komponenten des Lufttransportgeschwaders 62 aus Wunstorf unterstellt, so dass der deutsche Anteil etwas mehr als 100 Soldaten betrug. Bei dieser Übung sollte das FILehrZ F-4F in der Luftverteidigung im internationalen Verbund mitwirken und u.a. gegnerische Jagdbomber daran hindern, die Radarüberwachung zu unterfliegen. Auch waren die Luftbetankung und das Zusammenspiel mit AWACS-Luftraumüberwachungsflugzeugen weitere Übungsziele.

Mit der erstmaligen Teilnahme eines deutschen Luftwaffenverbandes mit sechs F-4F Phantomjets, fiel dem in Rheine-Hopsten stationierten FILehrZ F-4F auch eine weitere verantwortungsvolle Rolle zu. Die anschließende Übungsauswertung sollte für die Luftwaffenführung maßgebliches Gewicht bei der Entscheidung über die künftige Beteiligung der deutschen Luftwaffe an dieser fliegerischen Hochwertübung haben.

Seit der Umbenennung und Indienststellung des FILehrZ F-4F wurde der Bestand an Kampfflugzeugen des Typs F-4F "Phantom" auf dem Fliegerhorst Hopsten kontinuierlich gesenkt. Dies hing nicht zuletzt mit der neuen Aufgabe des Verbandes zusammen, bis Ende 2004 insgesamt 21 F-4F "Phantom" der `LA-Version' auszuphasen. Zum einen bedeutete dies, wieder verwertbare Flugzeugteile im so genannten "Ausphasungsdock" aus den Maschinen auszubauen und nach flugsicherheitstechnischen Prüfungs- und Testverfahren wieder in den Versorgungskreislauf der Luftwaffe zurückzuführen und zum anderen die verbliebene Flugzeughülle durch Shreddern zu demilitarisieren. Dadurch wurden, neben der zuvor durchgeführten Ersatzteilgewinnung, noch durchschnittlich 1.650.- Euro an Schrottwert für jede Flugzeughülle erzielt.
Doch nicht alle F-4F "Phantom" der `LA-Variante' fielen dem "Shredder" zum Opfer. Das Flugzeug mit der Kennung 38+34 ist direkt nach der Teilnahme an der internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) im Jahre 2002 dem Luftwaffenmuseum der Bundeswehr in Berlin-Gatow zugeführt worden. Als besonderes Merkmal wurde diese Maschine am Leitwerk mit dem Wappen der `Löwenstaffel', der einstigen 1. Staffel des ehemaligen JG 72 "Westfalen", versehen.

Eine weitere F-4F "Phantom" der `LA-Variante' mit der Kennung 37+36, startete am 9. Dezember 2003 ihren letzten Flug in die Slowakei und wurde dort, aufgrund der vorausgegangenen Bitte des slowakischen Präsidenten Rudolf Schuster an den deutschen Bundespräsidenten Johannes Rau, in das in Kosice beheimatete Technikmuseum überführt. Nachdem Techniker des FILehrZ F-4F vor Ort diese Maschine demilitarisiert hatten, wurde das Flugzeug am 27. Februar 2004 im Beisein der deutschen Botschafterin in der Slowakei, Uta Mayer-Schalburg, und des slowakischen Präsidenten, Rudolf Schuster, an das Museum übergeben.

Auch zwei in Cuxhaven und Aurich befindliche Kreisvolkshochschulen wurden mit je einer demilitarisierten F-4F "Phantom" der 'LA-Variante' bedacht, da in diesen Schulen die berufsfördernde, zivilberufliche Flugzeugmechanikerausbildung für ausscheidende Zeitsoldaten stattfindet. Zwei weitere Flugzeuge wurden nach dem Ausbau von Ersatzteilen zu Ausbildungszwecken an Ausbildungseinrichtungen der Bundeswehr übergeben. So erhielt die Technische Schule der Luftwaffe 3 in Fassberg die ausgemusterte Maschine mit der Kennung 37+10 zur Triebwerksausbildung junger Soldaten am Waffensystem F-4F "Phantom". Die zweite ausgephaste Maschine mit der Kennung 37+58 wurde der Flugplatzfeuerwehr Trollenhagen für realistische Rettungsübungen an einem Luftfahrzeug überlassen. Es sei hier noch angemerkt, dass die erste der 21 vom FILehrZ F-4F auszumusternden und zu demilitarisierenden F-4F "Phantom" der `LA-Variante' in einer Art "Musterverschrottung" in Jever durchgeführt wurde. Die restlichen 14 "Schwarznasen" wurden nach erfolgtem Ersatzteilausbau bereits zum größten Teil durch eine zivile Firma verschrottet.

Das fliegerische Ende der "Schwarznasen" erfolgte mit Stichtag 18. Dezember 2003, da alle F-4F "Phantom" der 'LA-Variante' mit Ablauf dieses Tages "gegroundet" und aus dem aktiven fliegerischen Dienst genommen wurden. An diesem Tag hob als letzter Jet dieses Typs die F-4F "Phantom" mit der Kennung 37+44 von der Runway in Hopsten zu ihrem allerletzten Übungsflug ab. Nach der Landung wurde auch sie dem Demilitarisierungsprozess zugeführt.

Kuriose Momente konnten aufmerksame Betrachter am Rande des Flugfeldes der Basis Hopsten erleben. Während im ehemaligen, gesondert gesicherten QRA-Bereich Phantomjets der 'alten Garde' mit lärmendem, metallisch klingendem Getöse von einem mit einer überdimensionalen mobilen Schredderschere versehenen Bagger auseinandergerissen wurden, rollten nur wenige Meter daneben die kampfwertgesteigerten Jets der "LV-Version" zu ihrem Startplatz. Manch melancholischer Blick der vorbeirollenden Luftfahrzeugbesatzungen wurde hier gesehen. Doch im Wissen um die Notwendigkeit eines dem neuen Auftrag gewachsenen und international absolut ebenbürtigen Nachfolgesystems, war die Einsicht über diese Maßnahme und die Vorfreude auf den Eurofighter, das neue fliegende Waffensystem der Luftwaffe, spürbar.
Letztendlich werden bis zur Auflösung des Verbandes 17 "Phantom" der "KWS-Variante" auf dem Fliegerhorst Hopsten verbleiben, um die jungen F-4F-Besatzungen aus Holloman auf die europäischen Verhältnisse weiterzuschulen.

Kontinuität zeigt indes allein das Geschwaderwappen, denn das "Westfalenross" bleibt das weithin sichtbare Symbol auch für das FILehrZ F-4F Ein "Markenzeichen", mit dem sich über Jahrzehnte hinweg ein fliegendes Geschwader der Luftwaffe unter verschiedenen Bezeichnungen und Aufträgen identifizierte. Wehmut mag bei manchem aktiven und ehemaligen Angehörigen des FILehrZ F-4F bei dem Gedanken des letzten Starts einer verbandseigenen F-4F "Phantom" von der Runway der Basis-Hopsten, oder gar des letzten Arbeitstages in diesem Verband aufkommen. Denn was mag die Zukunft der Region und dem Gelände des doch geschichtsträchtigen Fliegerhorstes Rheine - Hopsten nach der Schließung im Jahr 2006 bringen?

Ein letztes trotziges Aufbäumen gegen die Auflösung des Verbandes und seiner vielfältigen Tradition, scheint das auf dem Leitwerk der F-4F "Phantom" mit der Kennung 37+96 aufgemalte "Westfalenross" demonstrieren zu wollen. Das weiße Ross scheint aus dem Metall des Leitwerks des Jets herausbrechen zu wollen, um, wie es sich für ein anständiges "Wild Horse" gehört, aufrecht stehend mit den Vorderhufen in den Himmel scharrend, eine letzte Aufmerksamkeit zu erlangen.